Sonstige

Digitale Philosophie Workshop

In Person

Mainz

04. - 05.09.2025

Beschreibung

Das Verhältnis zwischen digitalen Methoden und philosophischer Forschung ist zur Zeit (noch) klärungsbedürftig. Während außer Frage steht, dass Digitalität und Digitalisierung legitime Forschungsgebiete einer “Philosophie der Digitalität” sind, ist die Suche nach genuin philosophischen Fragestellungen, die mit Hilfe des Werkzeugkoffers einer “Digitalen Philosophie” beantwortet werden können, noch ganz am Anfang. Eine “Wissenschaftsphilosophie digitaler Verfahren – als Verfahren für die Philosophie” stehe noch aus, um zum Beispiel “digitale Hermeneutik”, “digitale Ideologiekritik”, “digitalen Strukturalismus”, “digitale Heuristik” oder “digitale Quellenkritik” möglich zu machen (Gehring 2024, 69). Zentral ist hierbei die Frage, wie weit quantifizierende Methoden, die hinreichend große Datenmengen produzieren, um algorithmisch ausgewertet werden zu können, für die Philosophie überhaupt einschlägig sind (Krämer in Geiger et al. 2024, 58).

Quantitative Forschungsmethoden sind dabei eingebettet in den größeren Kontext der Digitalisierung der Philosophie insgesamt. Die Transformation der Arbeitsumgebungen bedeutet dabei auch eine Reflexion digitaler Editionen (vgl. Kamzelak 2023), Forschungsdaten in der Philosophie (vgl. Heßbrüggen-Walter 2018), infrastruktureller Werkzeuge wie Ontologien und Normdaten, Open Access und Recherchewerkzeuge (siehe Schneider, Gehring und Speer in Geiger et al. 2025, 4ff), sowie digitaler Lehr- und Lernmaterialien (Open Educational Resources, siehe auch Deimann 2015).

Gleichzeitig ist auch digitales Arbeiten immer ein Problemlösen, über dessen Strategien Philosoph:innen auch kritisch Rechenschaft abgeben können sollten (Gramelsberger in Geiger et al. 2024, 57). In der Forschungspraxis muss es deshalb darum gehen, ausgehend von konkreten Maximenbündeln, wie beispielsweise den FAIR-Prinzipien und guter datengestützter wissenschaftlicher Praxis, nicht nur den technischen Zugang, sondern auch dessen politische und soziale Dimension mitzudenken, sowie die ökonomischen Ressourcen, die hierfür notwendig sind (Speer 2024, 84). Denn Digitalität ermöglicht eben auch Regulation und Kontrolle des Zugangs zu Daten, Informationen und Kulturgütern, und zwar nicht nur als Gelegenheit für innovative wissenschaftliche Praktiken, sondern auch für den Aufbau globaler Oligopole (Schmücker 2024, 76). Neben den – wünschenswerten – Erzählungen von Erfolgen einer sinnvollen und brauchbaren Digitalisierung des Fachs muss also stets auch ein Blick in die schattigen Abgründe der Digitalisierung gewagt werden (Grunwald 2025, 12).

Dies wird während des 1. Community-Workshops zu einer Digitalen Philosophie in Mainz anhand konkreter Fallbeispiele aus der digitalen Forschungs- und Lehrpraxis unternommen. Den konkreten Rahmen bietet hierbei das Projekt “Data Literacy Education” (DALIA, siehe https://dalia.education), dessen Kernanliegen der community-spezifische Aufbau von Datenkompetenzen in der Wissenschaft vor dem Hintergrund der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) ist.

Aufbauend auf der Vorstellung konkreter Entwicklungs- und/oder Kuratierungsprojekte werden sowohl erprobte Möglichkeiten Digitaler Philosophie als auch ihre Risiken oder auch “Unmöglichkeiten” betrachtet. Im Fokus stehen hierbei datengestützte philosophische Forschung als auch der Umgang mit Forschungsdaten (auch gemäß der FAIR- und CARE-Prinzipien), um gemeinsam einen Beitrag zu einer auch kritischen best bzw. good practice zu leisten. Datenverarbeitung ist hierbei als “Design und Technik” (vgl. Feige 2025) in unsere Forschungspraktiken auch mitunter blackbox-artig eingeschrieben und verdient deshalb besonders kritische Aufmerksamkeit. Ob als “auxiliare Digitalität” (Gehring 2024) oder als “forensische Maschinen”, die “wie Mikroskope und Teleskope Muster im Datenuniversum aufspüren” (Krämer 2024, 86): Philosophische Arbeit kann so zwischen digitaler Schreibstube und autooperablem Mensch-Maschinen-Verbund in einer global verbundenen Datenwelt neu verortet werden.

Ein besonderer Schwerpunkt des Workshops wird auf der Frage liegen, wie man – auch in der Philosophie – Daten FAIR sammeln, analysieren, kritisch bewerten und nutzen kann. Um die hierfür vorhandenen Werkzeuge und Methoden gut nutzen zu können, fehlt es aber oft an geeigneten Dokumentationen, Lehr- und Lernmaterialien. Auf der Grundlage der inhaltlichen Diskussion wird es deshalb die Gelegenheit geben, mit Blick auf die DALIA-Plattform mit einem ersten Entwurf offener Bildungsmaterialien (“Open Educational Resources”) für ein eigenes Projekt zu beginnen und die ersten Zwischenergebnisse zu diskutieren.

Workshop

Der Workshop wird von Donnerstag, den 04. auf Freitag, den 05. September 2025 an der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz “lunch to lunch” stattfinden und knüpft in Zusammenarbeit mit DALIA an das DigitalLab der AG Philosophie der Digitalität / philosophische Digitalitätsforschung der Deutschen Gesellschaft für Philosophie auf dem XVII. Kongress für Philosophie “#digital|denken” in Münster an. Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, bitten wir um Zusendung eines kurzen Abstracts für einen Impulsvortrag zu einem Fallbeispiel Digitaler Philosophie in Forschung und/oder Lehre (15 min.) (ca. 1.000 Zeichen, inkl. Leerzeichen aber exkl. Literatur) bis Sonntag, 03. August an christian.schroeter@adwmainz.de (bitte mit Jonathan D. Geiger im cc: jonathan.geiger@adwmainz.de). Ziel des Workshops ist ein Beitrag zur Ermittlung des Status quo der Digitalen Philosophie entlang erfolgreicher Projekte und Entwicklungen sowie die Sammlung konkreter Bedarfe – technisch und im Hinblick auf kollaborative Datennutzung, Data Literacy und Schulungsmaterialien. Eine anschließende Publikation wird angestrebt.

Organisation

Der Workshop wird organisiert von Dr. Christian Schröter (christian.schroeter@adwmainz.de) und Jonathan D. Geiger (jonathan.geiger@adwmainz.de, Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Digitale Akademie), Projekt Data Literacy Alliance DALIA (Arbeitspaket 9 “Bestandsaufnahme”). Eine Onlineteilnahme (auch sehr gerne mit Beitrag) ist in Rücksprache möglich.

Literatur

Deimann, Markus, Jan Neumann, und Jöran Muuß-Merholz (2015), ‘Whitepaper Open Educational Resources (OER) an Hochschulen in Deutschland – Bestandsaufnahme und Potenziale 2015’. https://open-educational-resources.de/wp-content/uploads/Whitepaper-OER-Hochschule-2015.pdf.

Feige, Daniel Martin (2025), Kritik der Digitalisierung. Technik, Rationalität und Kunst, Stuttgart: Meiner.

Gehring, Petra (2024), Warum spricht viel für – und was wäre – auxiliäre Digitalität? Zwischen genuin geisteswissenschaftlicher digitaler Pragmatik und einer Wissenschaftsphilosophie digitaler Verfahren, in: P&D Philosophy & Digitality 1(1), 67–72.

Geiger, Jonathan D.; Gramelsberger, Gabriele; Krämer, Sybille; Noller, Jörg (2024), Philosophical Digitality Research: Lifeworld, Science, and Philosophy, in: P&D Philosophy & Digitality 1(1), 52–61.

Geiger, Jonathan D., Bartmann, Christoph, Eggert, Eggert, & Eschweiler, Mark (2025), Forschungsdaten in der Philosophie – Transkript einer Podiumsdiskussion (FORGE2021). https://doi.org/10.5281/zenodo.15227121

Grunwald, Armin (2024), Understanding the Digital Transformation. Philosophical Perspectives on Potentially Gradual Disruptions, in: P&D Philosophy & Digitality 1(1), 3–13.

Heßbrüggen-Walter, Stefan (2018), Philosophie als digitale Geisteswissenschaft, in: Wie Digitalität die Geisteswissenschaften verändert: Neue Forschungsgegenstände und Methoden. Hg. von Martin Huber / Sybille Krämer. 2018 (= Sonderband der Zeitschrift für digitale Geisteswissenschaften, 3). DOI: 10.17175/sb003_006

Kamzelak, Roland S. (2023), Forschungsdaten Und Edition: Herausforderungen Und Chancen, in: Editio 36 (1): 106–15. https://doi.org/10.1515/editio-2022-0005.

Krämer, Sybille (2024), Digitale Geisteswissenschaften, in: Arnold, Florian; Bernhardt, Johannes C.; Feige, Daniel Martin u. Schröter, Christian (Hgg.), Digitalität von A bis Z, Bielefeld: transcript, 81–92. (= Edition Medienwissenschaft)

Schmücker, Reinold, Conjectures about the digital change, in: P&D Philosophy & Digitality 1(1), 73–78.

Speer, Andreas (2024), Accessibility: A Digital Perspective, in: P&D Philosophy & Digitality 1(1), 79–84.

Adresse

Geschwister-Scholl-Str. 2

Mainz